Klimaentscheid Frankfurt, Rundschreiben 8 2021

11 / 2021

Verkehrsemissionen senken – klimaschädliche Subventionen abschaffen

Verkehrs- emissionen senken – klimaschädliche Subventionen abschaffen

(Quelle: VCD Rhein-Main e.V.)

25 % aller europäischen CO2-Emissionen gehen auf das Konto des Straßenverkehrs. In den vergangenen 25 Jahren sind die Verkehrsemissionen in fast ganz Europa weiter gestiegen, auch in Deutschland. Dass es auch anders geht, zeigen Litauen, Estland, Finnland, Italien und Schweden. In diesen Ländern konnten die Verkehrsemissionen gesenkt werden. In Deutschland wird der Autoverkehr hingegen jedes Jahr mit über 28,6 Mrd. Euro subventioniert, z.B. für Dienstwagenprivileg, geringere Steuern für Diesel, Entfernungspauschale (Quelle: VCD Rhein-Main e.V. basierend auf Mobilitätsatlas 2019 / EEA und UBA). Hinzu kommen rund 150 Mrd. Euro zur Deckung der Betriebs- und Wartungskosten für Parkplätze auf Kosten der Steuerzahler (Quelle: VCD Rhein-Main e.V. basierend auf Schätzung für Westeuropa (EU15) 2010 unter www.zukunft-mobilität.net). Das ist kontraproduktiv! Wir sollten nicht nur über die Kosten des Klimaschutzes reden, sondern insbesondere auch die klimaschädlichen Subventionen ins Auge fassen. Wenn diese gestrichen würden, könnten erhebliche Mittel eingespart werden, die wiederum in den Klimaschutz investiert werden könnten.

Mehr Platz für alle

(Quelle: VCD Rhein-Main e.V.)

In den letzten Jahren wurden immer mehr und immer größere Fahrzeuge neu zugelassen. Dies befeuert nicht nur die Klimakrise, sondern sorgt in Frankfurt für immer mehr parkendes und fahrendes Blech in den Straßen. Dadurch heizt sich die Stadt im Sommer stärker auf und alle anderen haben immer weniger Platz. Fahrradfahrer und Fußgänger werden bisher vom Autoverkehr an den Rand gedrängt und erheblichen Gefahren ausgesetzt. Auch die Stadtbäume werden durch die hohe Zahl von Abstellflächen auf zu kleine Bauminseln verwiesen, die ihnen keine ausreichende Wasserzufuhr bieten. Die gesundheitlichen Folgen von Abgasen und Lärm sind ebenfalls verheerend.

Weniger Autos in den Städten würden mehr Platz für kühlende Grünflächen, Wohnungen und Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche lassen. Auch für den Einzelhandel dürften weniger Autos positiv sein, da Fußgänger und Fahrradfahrer insgesamt mehr Geld in den Geschäften ausgeben. Vor diesem Hintergrund setzen wir uns für eine klima- und menschenfreundlichere Mobilität ein, die uns zugleich mehr Platz zum Leben lässt.

Ein Experiment zeigt den Unterschied

(Quelle: Stadt Münster)

Die Stadt Münster hat ein berühmtes Experiment gemacht: Sie bat die gleiche Anzahl an Menschen, jeweils mit dem Auto, mit dem Fahrrad und mit dem Bus in die Stadt zu fahren und hielt das Ergebnis mit der Kamera fest. Dies zeigt eindrücklich, dass bei einer Fahrt mit dem Fahrrad oder mit dem Bus wenig Platz beansprucht wird und viel Freiraum für andere Menschen bleibt. Bewegt sich die gleiche Anzahl Menschen hingegen mit einem Auto durch die Stadt, sind die Straßen sofort verstopft. Und Platz für andere Verkehrsteilnehmer ist in diesem Fall auch keiner mehr übrig.

Durch Fahrradwege, breite Fußwege und einen guten ÖPNV werden Freiräume für viele Menschen geschaffen. Busse und Fahrräder nehmen verhältnismäßig wenig Platz in Anspruch und sind ökonomisch sinnvoll, da Platz in den Städten Mangelware ist. Ganz nebenbei ist das Fahrrad nicht nur platzsparend und leise, sondern in der Stadt auch etwa so schnell wie ein Auto. Und auch wenn Bus und Bahn teilweise etwas länger für eine Strecke brauchen als ein Auto, so kann die Zeit dort meist sinnvoller genutzt werden als am Steuer: etwa zum Lesen oder Beantworten von E-Mails. Nebenbei sorgen das Fahren mit dem Fahrrad und der Gang zur Haltestelle bei Bus und Bahn für mehr Bewegung im Alltag. Und die Reduktion des Autoverkehrs dient nicht nur dem Klima, sondern – durch die Verminderung von Lärm und Abgasen – auch der Gesundheit der in der Stadt lebenden Menschen.

Von den Erfahrungen anderer Städte lernen

Innenstädte, in denen Fußgängern, Fahrradfahrern sowie Grün- und Spielflächen der Vorrang eingeräumt wird, sind vielerorts bereits Wirklichkeit geworden: London hat seit vielen Jahren eine City-Maut, in Barcelona wurden Superblocks geschaffen, Paris möchte 72 % seiner öffentlichen Parkplätze in Raum für die Allgemeinheit umwandeln und in China werden Megacitys praktisch autofrei geplant. Wie verändert das die Städte?

In Paris hat die Schaffung von Radwegen bereits zu einer Reduzierung des Autoverkehrs geführt. Zudem soll die Stadt so umgeplant werden, dass jeder Pariser die Geschäfte des täglichen Lebens binnen 15 Minuten ohne Auto erreichen kann. Barcelona hat immer drei mal drei Häuserblocks zu sogenannten Superblocks zusammengefasst, aus denen der Autoverkehr fast vollständig verbannt und in denen Platz für Kinder, Begegnung und Radverkehr geschaffen wurde.

Einzelhandelsverbände hierzulande haben oft große Sorgen, dass sich eine Reduzierung des Autoverkehrs negativ auf die Einzelhandelsgeschäfte auswirken könnte. Dabei zeigen die Erfahrungen aus anderen Städten, dass dies nicht zu befürchten ist: In London geben Fußgänger sogar 65 % mehr Geld in Geschäften aus als Autofahrer. In Barcelona ist die Anzahl kleiner Läden und Geschäfte in den verkehrsarmen Begegnungsbereichen um etwa 30 % gestiegen, so der ADFC (ADFC – Für mehr Lebensqualität: Die Superblocks in Barcelona).

In autofreien begrünten Straßen einkaufen zu gehen ist einladender als an verkehrsreichen Straßen, wie etwa in Frankfurt auf der Leipziger Straße oder der Eschersheimer Landstraße. Dort muss man sich neben dem fließenden Verkehr auf schmalen Bürgersteigen im Lärm und im Gestank ohne Schatten spendende Bäume von Geschäft zu Geschäft schleppen und kann nur selten die Straße überqueren. Mit der sich verstärkenden Klimakrise wird der Anreiz immer geringer, sich in eine überhitzte, lärmende und stinkende Betonwüste zu begeben, in der man ständig auf den Verkehr achten muss und Gefahr läuft, bei einer kleinen Unaufmerksamkeit überfahren zu werden.

Inzwischen gibt es auch Untersuchungen, denen zufolge Fahrradfahrer und Fußgänger auch hierzulande mehr Geld in den Geschäften ausgeben als Autofahrer. Sie erledigen zwar nicht alle Besorgungen mit einem Einkauf, kommen dafür aber häufiger in die jeweiligen Geschäfte als Autofahrer. Zudem haben diejenigen, die kein Auto besitzen, im Durchschnitt etwa 500 Euro mehr im Monat zur Verfügung (denn so viel lassen sich die Deutschen im Durchschnitt ihr Auto pro Monat kosten).

Radfahren sicher machen

Und noch etwas lässt sich aus den Erfahrungen anderer europäischer Städte lernen: wie man den Radverkehr fördern und sicherer machen kann. In Europa sind insbesondere Amsterdam und Kopenhagen als Fahrrad-Großstädte bekannt, in denen die Infrastruktur für den Radverkehr gut ist und besonders viele Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.

In Frankfurt wird zwar auch bereits viel Rad gefahren, allerdings gibt es trotz des erfolgreichen Frankfurter Radentscheids noch viele Lücken im städtischen Radwegenetz. An vielen Stellen ist Radfahren nach wie vor sehr gefährlich, wie der erst kürzlich von einem drängelnden Autofahrer schwer verletzte Radfahrer auf der Schlossstraße zeigt.

Das Radfahren ist in den letzten Jahren in Deutschland nicht sicherer geworden. Dabei ist die Zahl der getöteten Radfahrer*innen im Verhältnis zu den zurückgelegten Fahrradkilometern zwar konstant geblieben. Aber aufgrund der Zunahme des Radverkehrs gibt es in absoluten Zahlen sogar mehr tote Radfahrer*innen zu beklagen. Bundesweit stagnieren die Opferzahlen bei Unfällen im Radverkehr seit einigen Jahren, da kaum mehr etwas unternommen wurde, um die Unfallzahlen insbesondere bei Radfahrern weiter nach unten zu drücken.

(Quelle: VCD Rhein-Main e.V.)

Dabei könnte viel mehr für die Sicherheit von Radfahrer*innen getan werden, zum Beispiel

  • Geschwindigkeitsbeschränkungen für Autofahrer*innen (z. B. Tempo 30 innerorts),
  • Reduzierung des Autoverkehrs,
  • Schaffung von Fahrradstraßen, Parks und Superblocks, sowie vom Autoverkehr getrennte Radwege (ohne gefährliche Dooring-Zone durch parkende Autos am Rand),
  • Breitere Bürgersteige, die es Familien mit kleinen Kindern ermöglichen, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren.

Aber auch auf der Ebene der Durchsetzung muss mehr passieren: Zwar müssen Autofahrer beim Überholen 1,5 m Abstand zu Radfahrern einhalten, aber viele Autofahrer halten sich nicht daran und riskieren so gefährliche Unfälle. Auch halten noch viel zu viele Autofahrer*innen einfach auf Fahrradstreifen an oder parken Radwege, Gehwege und Kurvenbereiche zu, obwohl dies verboten ist. Und auch auf das Einhalten von Tempolimits muss geachtet werden, denn die Unfallfolgen werden mit steigender Geschwindigkeit gravierender.

Mehr Freiheit für alle

Meist steht in politischen Diskussionen die Freiheit der Autofahrer im Mittelpunkt. Aber ist es nicht merkwürdig, auf Kosten der Freiheit aller anderen Verkehrsteilnehmer so viel Platz für sein eigenes Auto zu beanspruchen? Die meisten Autofahrer sind allein mit einem Fahrzeug in der Größe eines Kinderzimmers unterwegs und erwarten, dass sie damit überall durchfahren und es einfach an den Straßenrand stellen können. Dadurch haben auch alle anderen Verkehrsteilnehmer immer weniger Platz: Radfahrer trauen sich nicht mehr auf die Straße, Fußgänger können zugeparkte Gehwege kaum passieren und spielende Kinder sieht man schon lange nicht mehr auf Frankfurts Straßen.

Durch mehr Spielstraßen, Parks, Radwege und breitere Bürgersteige gewinnen letztendlich alle Freiheit und Wohlbefinden. Wie der Vergleich zwischen der Größe eines Parkplatzes und einem Kinderzimmer zeigt, könnte ohne Parkplätze sogar mehr Wohnraum in Frankfurt geschaffen und die weitere Versiegelung von Flächen vermieden werden. Auch die Autofahrer gewinnen, wenn Anreize für kleinere Autos, ÖPNV und Carsharing geschaffen sowie der Fuß- und Radverkehr gestärkt wird: Dann haben nämlich diejenigen mehr Platz, die wirklich auf ein Auto angewiesen sind und nicht auf andere Verkehrsmittel ausweichen können.

Was kostet Mobilität?

Jeder Autofahrer weiß, dass Autofahren richtig teuer ist. Einer Untersuchung zufolge gibt jeder Autofahrer im Durchschnitt etwa 500 Euro pro Monat fürs Auto aus (332.000 Euro geben die Deutschen im Schnitt für ihr Auto aus. | Auto (tz.de)). Hierin enthalten sind etwa Anschaffungskosten, Wertverfall, Benzin, Versicherungskosten und Steuern. Viele Menschen können sich daher auch in Deutschland kein Auto leisten. Wer in Frankfurt ein Auto hat, aber nur viermal im Monat damit fährt, den kostet eine Fahrt im Durchschnitt etwa 125 Euro – das ist kein attraktiver Preis und lohnt sich, ganz rational betrachtet, nicht wirklich.

Im Laufe eines durchschnittlichen Lebens kommen so für Autofahrer insgesamt 332.000 Euro an Ausgaben zusammen. Für diese Summe könnte man sich mehrere E-Bikes mit Lastenanhänger bzw. E-Lastenräder kaufen, etwa 60 Jahre lang kontinuierllich RMV-Monatskarten für Frankfurt erwerben, jedes Jahr mit der Bahn mit mehreren Personen in Urlaub fahren, zweimal im Monat für 20 Euro mit dem Taxi fahren und zwei Wochen im Jahr ein Auto mieten. Und das Schöne daran: Bei allen diesen Aktivitäten hätte man noch rund 150.000 Euro übrig, die man für Wohneigentum oder Altersvorsorge ausgeben könnte.

Und Autofahren müsste eigentlich noch teurer sein, da Autofahrern viele Kosten derzeit noch nicht in Rechnung gestellt werden:

  • Parkplätze sind gemessen an ihren Kosten eigentlich viel zu billig,
  • für die Entsorgung der Abgase in die Natur werden Autofahrer bisher nicht zur Kasse gebeten,
  • der Platz und die Freiheit, die anderen Verkehrsteilnehmern genommen werden, wird derzeit auch nicht angemessen entschädigt.

Dagegen wird das Autofahren vielfach subventioniert, z.B. durch Dienstwagenprivileg, Entfernungspauschale und geringere Steuern für Diesel.

Die Kosten für ein Auto stiegen in den vergangenen Jahren nur um etwa 36 %, während die Kosten für Bus und Bahn im gleichen Zeitraum um 79 % zulegten. Daher hatten diejenigen Menschen, die sich kein Auto leisten können oder möchten, in den vergangen zehn Jahren eine höhere Teuerung zu tragen als Autofahrer. Gerecht ist das nicht. Dennoch ist der RMV monatlich immer noch viel günstiger als das Anschaffen und Unterhalten eines PKW.

Um den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu erleichtern, wäre eine Abschaffprämie für Autos innerhalb Frankfurts, das Fördern von Lastenrädern und stationärem Carsharing, ein besseres RMV-Angebot, der Ausbau von On-demand-Angeboten des öffentlichen Nahverkehrs, eine sichere Infrastruktur für Rad- und Fußverkehr, die Schaffung von attraktiven Park-and-Ride-Parkhäusern sowie ein RMV-Jahresticket für höchstens 365 Euro gute Ideen. Letzteres gibt es bereits in einigen deutschen bzw. europäischen Städten.

Zukunft zulassen

Menschen neigen oft dazu, ihr gewohntes Umfeld nicht zu hinterfragen. So können sich viele eine Welt ohne Autoverkehr und lärmende Straßen kaum noch vorstellen. Dabei ist der heutige motorisierte Massenverkehr auf den Autobahnen und in den Städten ein eher neues Phänomen. Ihm wurde viel geopfert:

  • Altbauten wurden abgerissen, um Platz für breitere Straßen zu schaffen;
  • Kinder durften nicht mehr auf den Straßen spielen, weil sie sich sonst in Lebensgefahr begeben würden;
  • Fußgänger mussten sich plötzlich den Bürgersteig mit parkenden Autos teilen;
  • das umweltfreundliche und platzsparende Fahrrad wurde von den Straßen verdrängt;
  • riesige Flächen wurden versiegelt und Autobahnen zerteilten die Städte;
  • Lärm, Abgase und Gefahren prägten das Stadtbild, beeinträchtigen die Gesundheit der Menschen in der Stadt und belasteten die Krankenkassen.

Die schlimmste Folge der verfehlten Mobilitätspolitik der vergangenen Jahrzehnte ist jedoch die Klimakrise, wie die Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen der letzten Jahre zeigen.

Der Verkehrssektor ist dabei für ca. 20 % der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich, wobei 72 % davon aus dem Straßenverkehr stammen (Klimaschutz im Straßenverkehr – Deutsche Umwelthilfe e.V. (duh.de)). In vielen europäischen Ländern, darunter auch in Deutschland, sind die Verkehrsemissionen in den vergangenen Jahren sogar noch gestiegen und nicht zurückgegangen.

Die gute Nachricht ist: Wir können das ändern! Es gibt inzwischen für Städte bessere Mobilitätskonzepte als die Dominanz des motorisierten Individualverkehrs. Aber wie sieht unser Bild von der Mobilität in der Zukunft aus?

Mobilität muss in Städten ganz neu gedacht werden: Wäre es nicht praktisch, in jedem Stadtteil zentrale Mobilitätsstationen zu haben, wo es (überdachte) Abstellmöglichkeiten für Fahrräder gibt, Leihfahrzeuge zur Verfügung stehen, ein Umstieg auf den ÖPNV möglich ist, Einkaufsmöglichkeiten bestehen sowie Autos aufgeladen und Pakete abgeholt werden können?

Durch den Abschied vom Autoverkehr würden wir so nicht nur einen dringend notwendigen Beitrag zum Klimaschutz machen, sondern unsere Städte auch lebenswerter machen.

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